Stephanie
Brach und Bernhard Peter
Kaffee
- die Chemie eines alltäglichen Getränkes
Kaffee
- Botanik und Sorten
Die Kaffeepflanze gehört zur
Gattung Coffea aus der Familie der Rubiaceae, Unterfamilie
Cinchonoideae. Die exakte Taxonomie ist immer noch im Fluß. Man
kennt ca. 90 verschiedene Coffea-Arten. Innerhalb dieser Gattung
kann man 5 Gruppen unterscheiden, von denen nur einige Arten der
Gruppe Eucoffea als Kulturpflanze Bedeutung besitzen. Die Sektion
Eucoffea wird in fünf Subsektionen aufgeteilt. In der Subsektion
Erythrocoffea mit roten Früchten finden sich die Arten Coffea
arabica (Arabica-Kaffee) und Coffea canephora var. robusta
(Robusta-Kaffee). Angebaut wird Coffea arabica u. a. mit
den Varietäten typica (= arabica), bourbon,
nacional und maragogipe und weiteren
Kulturvarietäten zwischen dem 23. Grad nördlicher und dem 25.
Grad südlicher Breite. Coffea canephora var. robusta
dagegen wird nur zwischen den jeweiligen 10. Breitengraden
kultiviert. Im Laufe der Zeit sind Dutzende von Mutanten entdeckt
worden. Eine augenscheinliche Mutante betrifft die Fruchtfarbe.
Gelbfrüchtige Kulturformen werden "Amarelo"
genannt. Mit "Vermelho" werden die rotfruchtigen
Formen bezeichnet. In der Subsektion Pachycoffea sind die
verschiedenen, relativ großfruchtigen Formen von Coffea
liberica s. l. zu finden. Der Liberica-Kaffee spielt heute
keine Rolle mehr.
Aufbereitung
von Kaffee
Um handelsfertige Bohnen zu erhalten,
müssen die Kaffeefrüchte aufbereitet werden. Man unterscheidet
die sogenannte trockene und die nasse Aufbereitung.
Die so bearbeiteten Bohnen werden als ungewaschen bzw. als
gewaschen bezeichnet. Bei der trockenen Aufbereitung, die
üblicherweise für den Robusta-Kaffee, aber auch für 90 % des
brasilianischen Arabica-Kaffees verwendet wird, werden die
Früchte auf Zementböden in 3-4 cm dicker Schicht an der Sonne 1
- 4 Wochen getrocknet (neuerdings häufiger auch maschinell
im Warmluftstrom bei 60 °C) und anschließend durch Abquetschen
in Schälmaschinen (konische Schneckenwalzen) in Samen (Bohnen)
einerseits und verdorrtes Fruchtfleisch und Samenschalen
andererseits getrennt.
Qualitativ besseren Kaffee erhält man bei der nassen Aufbereitung, die fast ausschließlich auf den Arabica-Kaffee beschränkt ist. Die nasse Aufbereitung ergibt später, falls eine Fermentation eingeschlossen ist, den "milden" Kaffee. In einem Pulper werden das rote Exokarp und das Mesokarp von den Samen abgetrennt. Dabei werden die Kaffeefrüchte zwischen zwei mit kleinen Höckern versehenen Platten gepreßt, wodurch die Samen herausgedrückt werden. Die Samen sind dabei noch von der Silberhaut (Testa) und der Hornschale (Endokarp) umgeben. Schleimige, zuckerhaltige Reste, welche noch an der Pergamenthülle der Bohnen hängen, werden in einem Gärbassin durch Fermentation unter leicht sauren Bedingungen, eventuell unterstützt durch Mikroorganismen mit pektinolytischer Aktivität, während ca. 2 Tagen entfernt (Hornschalen- oder Pergamentkaffee). Anschließend wird die Pergamenthaut in Schälmaschinen ("Huller") entfernt (grüner Kaffee), woran sich häufig noch ein Poliergang anschließt (polierter Kaffee).
Inhaltstoffe
von rohem (grünem) Kaffee
Inhaltsstoffe der Samen von Coffea
arabica:
Röstung
Der Röstprozeß wird fast durchweg
im Verbraucherland durchgeführt. Er findet unter
atmosphärischem Druck statt, wobei heiße Gase aus einem Brenner
zusammen mit zusätzlicher Luft den Wärmeträger darstellen.
Heiße Metalloberflächen, in älteren Röstapparaturen einziger
Wärmeträger, sind heute lediglich eine Ergänzung zum
Wärmetransfer mit heißen Gasen. Das konventionelle Rösten
geschieht meistens in einer sich horizontal drehenden Trommel,
die perforiert sein kann, mit heißen Gas beschickt wird und
kontinuierlichen Betrieb erlaubt. Hier beträgt die Röstdauer
12-15 min, mitunter auch nur 5-8 min. Eine neue Generation von
Röstern, die auf dem Fließbettprinzip aufbauen, führte zu
einer Verkürzung der Röstzeit auf 1.5-3.5 min. Während des
Röstvorgangs "schwimmen" die Bohnen in heißem Gas.
Die Konvektion ist dadurch optimiert und der Gewichtsverlust
minimalisiert. Die Temperatur der Gasphase liegt bei 220-270 °C.
In einer ersten Phase verliert die Bohne ihre Restfeuchte, ab einer Bohnentemperatur von 160 °C beginnt die exotherme Reaktion, welche bei 210 °C ihr Maximum und bei 250 °C wieder ein tiefes Niveau erreicht. Während dieser Pyrolyse findet ein Trockengewichtsverlust von 1-10% statt. Während des Röstvorganges nimmt die Bohne an Volumen zu.
Veränderung beim Röstprozeß:
Während des Röstens werden vor allem aus den wasserlöslichen Verbindungen wie Kohlenhydrate, Aminosäuren, Chlorogensäuren und Trigonellin flüchtige aromatische Substanzen sowie polymere braune Pigmente gebildet. Karamel, Melanoidine, verschiedene aromatische Verbindungen sowie in geringem Maße auch Coffein sind für den charakteristischen bitteren Geschmack des Getränkes verantwortlich. Bitterstoffe sind thermolytische Folgeprodukte der Maillard-Reaktion. Besonders bittere Stoffe entstehen experimentell z. B. beim Erhitzen von Saccharose mit Prolin.
Aroma: Durch sehr komplexe Reaktionen, überwiegend durch Carbonyl-Amino-Reaktionen im Verlauf der Maillard-Reaktionen, entsteht das eigentliche Kaffee-Aroma. Pyrolyse der Kohlenhydrate, Eiweiße, Fette und der aromatischen Säuren läßt eine Vielzahl von Aromastoffen entstehen. Bis heute sind in geröstetem Kaffee über 1000 flüchtige Substanzen identifiziert worden, die insgesamt 0.1 % des Bohnengewichts ausmachen. Die meisten werden in anderen gerösteten Lebensmitteln auch gefunden. Trotz intensiver Bemühungen ist noch nicht klar, welche Verbindungen für das Kaffeearoma ausschlaggebend sind. Zahlenmäßig stark vertreten sind heterocyclische Verbindungen, darunter viele 2- und 2,5-disubstituierte Furane, Pyrrole, Pyrazine und Oxazole.
Diese Veränderungen seien durch ein Literaturbeispiel belegt: Smith gibt folgende Zusammensetzung für Roh- und Röstkaffees verschiedener Provenienz an (% in der Trockenmasse):
Bestandteile |
Arabica, roh |
Arabica, geröstet |
Robusta, roh |
Robusta, geröstet |
Mineralstoffe |
3.0-4.2 |
3.5-4.5 |
4.0-4.5 |
4.6-5.0 |
Coffein |
0.9-1.2 |
ca. 1.0 |
1.6-2.4 |
ca. 2.0 |
Trigonellin |
1.0-1.2 |
0.5-1.0 |
0.6-0.75 |
0.3-0.6 |
Lipide |
12.0-18.0 |
14.5-20.0 |
9.0-13.0 |
11.0-16.0 |
Chlorogensäuren |
5.5-8.0 |
1.2-2.3 |
7.0-10.0 |
3.9-4.6 |
Aliphatische Säuren |
1.5-2.0 |
1.0-1.5 |
1.5-2.0 |
1.0-1.5 |
Oligosaccharide |
6.0-8.0 |
0-3.5 |
5.0-7.0 |
0-3.5 |
Polysaccharide |
50.0-55.0 |
24.0-39.0 |
37.0-47.0 |
--- |
Aminosäuren |
2.0 |
0 |
2.0 |
0 |
Proteine |
11.0-13.0 |
13.0-15.0 |
11.0-13.0 |
13.0-15.0 |
Huminsäuren |
--- |
16.0-17.0 |
--- |
16.0-17.0 |
Das
Kaffeegetränk
Bei der Herstellung des
Kaffeegetränkes geht aufgrund der Unlöslichkeit der
Zellgerüstsubstanzen nur ein Teil der Inhaltstoffe des
Röstkaffees in Lösung. Je nach Zubereitungsart und Mahlgrad
sind das 18-35 %.[4, 8] Für die verbreitete Filtermethode
sind es ca. 22 %. Der Prozentsatz der wasserlöslichen Feststoffe
im Aufguß liegt bei 1-3 %.
Einen Überblick über die chemische Zusammensetzung des wäßrigen Extraktes aus Röstkaffee gibt nachfolgendes Diagramm (Mittelwert-Angaben für Arabica-Kaffee, mittlere Röstung, Aufgußstärke 50 g/l, bezogen auf Trockensubstanz):
Neben den noch unbekannten Stoffen sind die wasserlöslichen Polysaccharide am stärksten vertreten. Erheblich ist auch der Anteil der Chlorogensäuren und der Mineralstoffe. Der zurückbleibende Kaffeesatz enthält unlösliche Gerüstsubstanzen, Eiweißstoffe, Fette und einen geringen Teil unlöslicher Mineralstoffe.
Ein normaler Tassenaufguß (150 ml) aus 7.5 g Röstkaffee enthält folgende Mengen (unter der Voraussetzung, daß 90 % der wasserlöslichen Stoffe in Lösung gehen):
Die exakte Zusammensetzung ist ebenfalls stark von der Zubereitung abhängig. Gebräuchlich sind folgende Zubereitungsmethoden:
Für einen Aufguß mittlerer Stärke verwendet man in Deutschland durchschnittlich 7.5 g/150 ml Wasser (Normaltasse), d. h. 50 g/l. Die Konzentration von Mokka liegt bei 100 g/l, für Espresso 150 g/l. Der Coffein-Gehalt einer Normaltasse beträgt ca. 80 mg bei mittlerer und ca. 135 mg bei Mokka-Aufgußstärke. Im ersten Fall gehen 90 % des Coffeins ins Getränk, bei Mokka nur noch 75 %, da mit zunehmendem Kaffee-Wasser-Verhältnis weniger wasserlösliche Stoffe extrahiert werden. So erniedrigt sich der in Lösung gegangene Coffeinanteil beim italienischen Espresso bis auf unter 60 % des in Röstbohnen vorhandenen Coffeingehaltes. Eine typische Espresso-Tasse à 40 ml enthält nur noch ca. 45 mg Coffein, wenn wie üblich 6 g Kaffeepulver (Gehalt sei 1.35 %) eingesetzt werden.
Verarbeitung des Kaffees - Löslicher Kaffee
Bereits 1897 wurden Versuche zur
Herstellung eines sofort löslichen Trockenextraktes aus
geröstetem Kaffee durchgeführt. Jedoch erst 1938 gelang dem
Schweizer Morgenthalerder Durchbruch mit der Entwicklung
eines neuen Extraktions- und Trocknungsverfahrens. Löslicher
Kaffee wird heute in drei verschiedenen Produktformen angeboten:
Sprühgetrocknet, gefriergetrocknet und agglomeriert.
Löslicher Kaffee wird industriell durch wäßrige Extraktion aus Röstkaffee und anschließender Trocknung des Flüssigextraktes hergestellt. Dabei gehen ca. 36-46% der Kaffeeinhaltstoffe in Lösung. Der auf 1-2 mm Korngröße gemahlene Röstkaffee wird in Perkolatoren unter Druck und erhöhter Temperatur im Gegenstrom extrahiert. Die unter diesen Bedingungen erhaltene Kaffeelösung ist um das Fünffache höher konzentriert als ein typischer Haushaltsaufguß. Nach Filtration wird auf ca. 35-40 % Feststoffanteil eingedampft. Wegen der technisch nicht vermeidbaren langen Verweilzeit in den Perkolatoren ist hier die größte Gefahr einer Aroma-Beeinträchtigung gegeben. Um diese Verluste zu vermeiden, hat man Verfahren zur fraktionierten Abtrennung der Aromastoffe vor der Extraktion und Wiederzuführung zur Kaffeelösung danach oder zum fertigen Trockenprodukt entwickelt. So wird z. B. dem fertigen Trockenpulver ein Aroma-Konzentrat zugesetzt, das man durch Auspressen, Wasserdampfdestillation oder Abtrennen mit Kohlendioxid bei verschiedenen Drücken erhält.
Sprühgetrockneter Kaffee: Die Sprühtrocknung war das erste praktische Trocknungsverfahren für Kaffeeauszüge überhaupt. Sprühgetrockneter Kaffee läßt sich unter der Lupe an der Hohlkugelstruktur der Teilchen erkennen. Er dient häufig als Edukt für die Herstellung agglomerierten Kaffees.
Gefriergetrockneter Kaffee: Dies ist ein besonders schonendes, aber kostspieliges Verfahren. Die einzelnen Partikel haben dabei eine schwammartige Struktur. Die konzentrierte Kaffeelösung wird geschäumt und eingefroren. Wenn man ein Endprodukt von dunkler Farbe wünscht, muß das Einfrieren langsam geschehen. Das Eis wird gemahlen und auf die Korngröße des Endproduktes gesiebt. In einer Gefriertrocknungsanlage wird das Wasser absublimiert. Das Gefriertrocknungsverfahren liefert ein geschmacklich besseres Produkt als das Sprühtrocknungsverfahren. Dennoch sollte erwähnt werden, daß die Art und Weise der Röstkaffee-Extraktion für die Aroma-Erhaltung wichtiger ist als die Trocknung.
Agglomerierter Kaffee: Das jüngste Produkt auf dem Kaffeemarkt ist der agglomerierte Kaffee. Hierbei sind Kaffee-Körnchen zu unregelmäßigen Agglomeraten verklebt. Dieses Produkt hat hinsichtlich Farbe und Struktur die meiste Ähnlichkeit mit gemahlenem Röstkaffee. Basis ist meist sprühgetrockneter Kaffee, der leicht angefeuchtet und wieder getrocknet wird (Krustengranulat-Prinzip).
Literaturverzeichnis:
[1] H. G. Maier, Kaffee, Parey, Berlin/Hamburg 1981.
[2] A. W. Smith, in R. J. Clarke, R. Macrae, Coffee, Vol. 1, Chemistry, S. 1-41, Elsevier Applied Science, London/NewYork 1985.
[3] T. Kurzrock, Cafestolfettsäureester im Kaffee, Dissertation, Dresden 1997.
[4] O. G. Vitzthum, in O. Eichler, Springer Verlag, Berlin/Heidelberg 1976. Kaffee und Coffein,
[5] M. Sivetz, Food Technol. 1972, 26, 70-77.
[6] H. Hadorn, W. Beetschen, Mitt. Lebensmittelunt. Hyg. 1973, 64, 206-213.
[7] H. Werner, M. Kohley, Kaffee- und Tee-Markt, 1965, 15, (1), 5-11; 1965, 15, (2), 6-10, 12, 39; 1965, 15, (3), 6-10, 12; 1965, 15, (4), 6-10; 1965, 15, (5), 5-10.
[8] P. Jakober, M. Staub, Mitt. Lebensmittelunt. Hyg. 1963, 54, 26-34.
[9] B. Alexander-Katz, DR-Pat. 91.826 (1897).
[10] M. R. Morgenthaler, AU-Pat. 104.062 (1938).
[11] J. Wurziger, Kaffee- und Tee-Markt 1966, 16 (17), 6-10.
[12] R. Hänsel, K. Keller, H. Rimpler, G. Schneider (Hrsg.), Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, Bd. 4 Drogen, Springer Verlag, Berlin/Heidelberg 1992.
[13] E. Teuscher, Biogene Arzneimittel, WVG, Stuttgart 1997, S. 368 ff.
[14] R. Hänsel, J. Hölzl, Lehrbuch der pharmazeutischen Biologie, Springer Verlag, Berlin/Heidelberg 1996, S. 329-331.
[15] A. Estorf-Burmester, D. Gärtner, Seminararbeit, Universität Braunschweig, o. J.
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