Bernhard
Peter
HIV
und AIDS: Postexpositionsprophylaxe
Postexpositionsprophylaxe
– was ist das?
Wenn man
sich an HIV-haltigem
Material infiziert, breiten sich die Viren offensichtlich nicht
sofort systemisch im ganzen Körper aus, sondern infizieren z.
B.
an den Schleimhäuten zuerst die lokalen Zellen des
Immunsystems
wie z. B. Langerhans-Zellen. Erst im nächsten Schritt
befallen die Viren die lokalen Lymphknoten, was ca. 1-2 Tage in
Anspruch nimmt. Auch spielen verschiedene Varianten der HI-Viren
eine Rolle: Sexuell übertragbar sind nur die makrophagotropen
R5-Stämme, die sich vorerst ausschließlich in den
Makrophagen
und in den dendritischen Zellen der Schleimhäute vermehren.
Erst
später im weiteren Verlauf der Infektion entstehen die
T-lymphotropen X4-Varianten durch Mutations- und
Adaptationsprozesse, die dann die T-Helferzellen zerstören und
im Blut nachweisbar sind.
Das heißt, es kommt erst zu einer lokalen Infektion und erst dann zu einer systemischen Infektion (ganzer Organismus). Vor diesem Schritt zur generalisierten Ausbreitung kann man noch handeln. Danach ist es zu spät.
Das
Zeitfenster
Dadurch hat
man ein schmales
Behandlungsfenster, in dem die systemische Ausbreitung durch
medikamentöse Maßnahmen in den meisten
Fällen verhindert
werden kann. Eine PEP mit AZT alleine senkte in Studien die
Infektionswahrscheinlichkeit um ca. 80 %. Bei Kombination
verschiedener Medikamente ist der Erfolg größer.
Dennoch läßt
sich nicht in jedem Fall durch PEP eine Infektion mit
generalisierter Ausbreitung der Viren verhindern. Ein besonderes
Problem heutiger Zeit sind auch die zunehmenden Resistenzen von
HI-Virenstämmen. Die besten Aussichten auf Erfolg bestehen bei
Beginn einer PEP innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem
Risikokontakt. Danach erhöht sich das Risiko einer
generalisierten Ausbreitung des Virus. Liegt der Risikokontakt
(Schleimhaut-Übertragungsweg) länger als 72 Stunden
zurück,
gilt eine medikamentöse PEP nicht mehr als sinnvoll. Wenn der
Kontakt nicht über die Schleimhäute, sondern
über den Blutweg
erfolgte, ist noch schnelleres Handeln angezeigt. Nach perkutaner
oder intravenöser Exposition dürften
Maßnahmen bereits nach 24
Stunden sinnlos werden. Folglich sollte nicht lange gezögert
werden, wenn ein Risikokontakt bestand, sondern eine PEP so
schnell wie möglich begonnen werden - als optimal gelten die
ersten zwei Stunden nach Exposition.
Wann
ist
eine PEP unbedingt anzuraten?
Das Risiko
einer möglichen
HIV-Übertragung sollte so schnell wie möglich (siehe
Zeitfenster!) von einem in der HIV-Behandlung erfahrenen Arzt
beurteilt werden. Es sollte vor allem so schnell wie möglich
geklärt werden, ob die Person, mit der der Risikokontakt wie
auch immer bestand, tatsächlich HIV-positiv ist oder ob es
sich
eher um einen Verdacht oder eine Möglichkeit handelt. Im
Rahmen
des knappen Zeitfensters für die Einleitung einer PEP ist auch
ein Test der betreffenden Person durchaus drin. Ferner wird ein
erfahrener Arzt begleitende Umstände wie die aktuelle
HIV-Viruslast, das Stadium der Erkrankung und aktuelle
Medikamenten-Therapie sowie bereits durchgeführte
Sofort-Maßnahmen beim Abschätzen des Risikos in
seine
Entscheidung mit einfließen lassen. Ein Arzt wird sich in
folgenden Fällen sicher für eine PEP aussprechen:
Wann
kann
der Arzt eine PEP anbieten?
Nicht
zwingend, aber möglich
ist eine PEP
Wann
wird
nicht zu einer PEP geraten?
In der
Regel wird der Arzt
nicht zu einer PEP raten
Wie
wird
eine PEP durchgeführt?
Es wird
eine vierwöchige
Kombinationstherapie mit zwei NRTIs (nukleosidische
Reverse-Transkriptase-Hemmer) und einem PI (Protease-Hemmer)
empfohlen. Dabei wird es sich wegen der Resistenzproblematik
häufig um andere Mittel handeln, als die Indexperson, von der
das Risiko ausging, selbst erhält. Nach 14 Tagen Kontrolle der
Blut-, Leber- und Nieren-Werte. HIV-Antikörper-Test nach 6
Wochen, nach 3 und nach 6 Monaten nach beendeter PEP.
Ganz wichtig: Bis zum abschließenden Ergebnis sollte der/die Betreffende nur Safer Sex praktizieren!
Wer
bezahlt eine PEP?
Bei
beruflicher Exposition:
Der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. die
Berufsgenossenschaft übernimmt die Kosten.
Bei privater Exposition (Sex): Die Kosten für eine PEP werden
nicht von der Krankenkasse übernommen und müssen
selbst
getragen werden, zumal keines der verwendeten Medikamente derzeit
eine Zulassung für diese Art der Anwendung hat.
Risiken
einer PEP:
Die Risiken
entsprechen den
Nebenwirkungen der eingesetzten Medikamente. Je nach Medikament
betreffen diese vor allem den Gastrointestinal-Trakt
(Übelkeit,
Erbrechen, Blähungen, Durchfälle). Es kann aber auch
bei
kurzfristigem Einsatz von Protease-Hemmern zu Störungen des
Fettstoffwechsels kommen mit einer Erhöhung des Cholesterins
bzw. der Triglyceride im Blut, ferner zu einer Insulin-Resistenz.
Auch das Blutbild, Leberwerte und Nierenwerte können negativ
beeinflußt werden. Vor dem Hintergrund einer
lebensbedrohlichen
Erkrankung wird man das aber sicher in kauf nehmen. Über
Spätfolgen, wie sie auch bei zeitlich längerer
Anwendung im
Rahmen einer HAART auftreten können, ist bei der PEP nichts
bekannt.
Literatur:
www.hiv.net
2005
Deutsche Apotheker Zeitung 25 (1998) 29-35
Rat
gibt’s hier:
Die persönliche AIDS-Telefonberatung der Bundeszentrale
für
gesundheitliche Aufklärung (täglich ab 10 Uhr, Montag
bis
Donnerstag bis 22 Uhr, Freitag bis Sonntag bis 18 Uhr, Tel.: 0221
- 89 20 31, 01805-555444, 12 ct pro Minute) anrufen. Dort kann
Ihnen auch eine PEP-Notfall-Klinik oder Arztpraxis genannt
werden.
In Koblenz ist ein Ansprechpartner: Aidshilfe Koblenz e.V., Stegemannstr. 12, 56068 Koblenz, Telefon: 0261-166 99.
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