Bernhard
Peter
Räusche
- gespendet von der Kröte
Abb.: 3D-Struktur von 5-Methoxy-DMT
Modedroge
Krötenhaut
Mit der
zunehmenden
Kriminalisierung des Besitzes von und des Handels mit klassischen
Rauschdrogen wie Haschisch, Heroin, Kokain, Ecstasy, LSD etc.
werden von experimentierfreudigen Jugendlichen ausgefallenere
Substanzen als Quelle für Räusche ins Visier
genommen, darunter
auch das Sekret von Kröten. „Harte“ Drogen
sind
„out“, Stimulantien und Halluzinogene aus
exotischen
Quellen wie Pilzen, Kakteen und Kröten sind
„in“, denn
sie müssen nicht gespritzt werden und versprechen insgesamt
mildere Verläufe der Räusche als die klassischen
Rauschmittel.
Wer
ist die Aga-Kröte?
Im
Mittelpunkt unseres
Interesses auf dieser Seite steht das Sekret der Aga-Kröte
(Bufo
marinus), welches sie auf der Haut absondert und eigentlich zur
Verteidigung einsetzt. Sie hat eine warzige, oliv bis braunrote
gefärbte Haut und verfügt über
Giftdrüsen, die ihr praktisch
alle Feinde vom Leibe hält. Die Tiere werden bis zu 25 cm
groß.
Sie ist ein Allesfresser (Frösche, kleinen Eidechsen,
Insekten,
Pflanzen, Jungmäuse etc.) und kann sich invasiv in vielen
Lebensräumen etablieren. Sie kann in Salz- wie in Brackwasser
leben, das Weibchen legt bis zu 30.000 Eiern monatlich, was einen
enormen Populationsdruck aufbaut. Eigentlich ist die Agakröte
in
Mittel- und Südamerika beheimatet. Sie wurde aber 1935 zur
Schädlingsbekämpfung nach Australien bewußt
importiert. Es
handelt sich nicht um eine versehentliche Einschleppung, sondern
um eine absichtliche Dummheit. Sie sollte Zuckerrohrkäfer und
andere Schädlinge, die die Zuckerrohrplantagen bedrohten,
fressen, weshalb sie auch „Cane Toad“,
„Zuckerkröte“ oder
„Zuckerrohrkröte“
genannt wird. 100 Exemplare wurden damals ins Land gebracht. Der
Effekt auf die Zuckerrohrkäfer war gleich Null, inzwischen
bevölkern die Kröten aber praktisch ganz Queensland,
große
Teile der Northern Territories und New South Wales. Mit ca. 30
Kilometern pro Jahr breitet sich die Population nach Süden und
Westen aus. Mittlerweile sind die Aga-Kröten in Australien
selbst zu einer Landplage geworden, wie die Kaninchen, ebenfalls
eine kurzsichtige und Faunenverfälschung mit verheerenden
Folgen. Die Population soll jetzt biologisch bekämpft werden,
nachdem u.a. auch das biologische Gleichgewicht von Nationalparks
gefährdet ist.
Wie
wird die Droge zubereitet?
Quetschen
der Paratoid- und
Tibialdrüsen der Aga-Kröten mit Daumen und
Zeigefinger läßt
frisches Krötensekret austreten. Man läßt
es gegen eine
Glasplatte spritzen und bei leichter Wärme eintrocknen. Dieses
getrocknete Sekret wird mittels Haschpfeife (Chillum) geraucht
und tief inhaliert. Der Rauscheffekt tritt schon nach 30 Sekunden
ein.
Weniger angenehm ist die Vorstellung der Methode, frisches Krötensekret abzulecken, aber nicht unüblich. Damit die Kröte frisches Sekret bildet, wird sie manchmal mit einem Feuerzeug etwas „geärgert“. Das Sekret kann auch mit einer Rasierklinge abgeschabt werden.
Man kann auch Krötenhäute zu einem Sud kochen und trinken, wie es in Kreisen australischer Abhängiger praktiziert wird. Es dauert dabei aber etwas länger, bis die Wirkung eintritt, ca. 20 bis 30 Minuten.
Haben
auch andere Kröten diese Wirkstoffe?
In Europa
existieren drei
Arten der Bufonidae (Bufo bufo, die bei uns heimische
Erdkröte,
Bufo viridis, die Wechselkröte und Bufo calamita, die
Kreuzkröte). Sie enthalten ebenfalls diese Inhaltstoffe, sind
aber nicht so ergiebig wie die riesigen Aga-Kröten. Das
Bufotenin wurde z. B. schon 1893 in der Haut der Erdkröte
gefunden. Auch in der asiatischen Krötenart Bufo arenarius,
die
die chinesische Droge „Ch’an Su“ liefert,
wurden
u. a. 21 Bufadienolide und 8 Cardenolide gefunden.
Chemie
der Krötensekrete
Das
Krötensekret der
Agakröte hat im wesentlichen vier Gruppen von pharmakologisch
relevanten Inhaltstoffen:
1.) Katecholamine: Die Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin wirken sympathomimetisch und anregend. Die Wirkung tritt schnell ein, nämlich nach 5-10 Minuten.
2.)
Indolalkylamine:
Bufotenin (5-Hydroxy-Dimethyltryptamin,
3-[2-(Dimethylamino)ethyl]-1H-indol-5-ol): Hat selbst nur eine
sehr geringe bis gar keine halluzinogene bzw. überhaupt
zentralnervöse Wirkung, was wohl an der polaren Hydroxylgruppe
liegt, die die Passage der Blut-Hirn-Schranke schwierig macht.
Bufotenin wirkt stärker kardiotoxisch als halluzinogen, es
kommt
bei höheren Dosen zu Blutdruckanstieg und
Rhythmusstörungen.
Dimethyltryptamin (DMT): Halluzinogen, für das schnelle
Eintreten der Halluzinationen verantwortlich.
5-Methoxy-DMT (5-O-Methyl-Bufotenin): Eines der stärksten
bekannten Halluzinogene, im wesentlichen verantwortlich für
die
Stärke der Halluzinationen. Im Vergleich mit LSD treten die
Halluzinationen schneller ein und dauern weniger lange an. Wegen
seiner hohen Lipidlöslichkeit kann 5-Methoxy-DMT hervorragend
die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Strukturell ist die
für
Halluzinogene typische 5-Methoxy-Gruppe wichtig, die die Substanz
mit anderen wichtigen Halluzinogen gemeinsam hat.
Bufotenidin (ein quartäres Ammoniumion nach dritter
N-Methylierung) hat eine gefäßverengende und
blutdrucksteigernde Wirkung.
3.)
Bufogenine und
Bufotoxine: Bufotoxine sind lipidlösliche Steroide und stellen
Ester des Suberylarginins mit den Bufogeninen dar. Sie sind mit
Digitalisglykosiden (Herzmittel aus dem Fingerhut) „Pi mal
Daumen“ strukturverwandt. Genauso wie diese entfalten sie
Wirkungen auf das Herz: Bufotoxine und Bufogenine steigern die
Kontraktionskraft des Herzens (positiv inotrope Wirkung) und
reduzieren die Schlagfrequenz (negativ chronotrope Wirkung). Sie
spielen bei der Rauschentstehung ebenfalls eine Rolle, man
vermutet, daß sie für die auftretenden
Farbhalluzinationen
verantwortlich sind. Dazu wirken sie lokal betäubend. Die
freien
Bufogenine entstehen enzymatisch beim Eintrocknen des Sekretes
aus den Bufotoxinen.
Bufotoxin ist relativ giftig, es hat eine LD50 von 400 µg/kg
(Maus subcutan). Für eine Katze sind 0,43 mg/kg letal.
Insgesamt
gibt es viele verschiedene Bufotoxine, die genaue Zusammensetzung
des Sekretes ist artabhängig. Alle sind in ihrer Wirkung
verwandt. Auch Cardenolide wurden in Krötensekret gefunden.
Insgesamt ist die Rauschwirkung also auf ein komplexes Zusammenspiel dieser drei Gruppen von Inhaltsstoffen zurückzuführen.
4.) Phrynolysin: Hämolytischer Stoff, hat nichts mit der Rauschwirkung zu tun.
Wirkung
von Krötensekret
Die Wirkung
von Krötensekret
ist ein Zusammenspiel aus den einzelnen Wirkungen aller aktiven
Komponenten:
Kröten-Inhaltsstoffe
und ihre Verwandtschaft zum Neurotransmitter Serotonin
Wie die
Abb. zeigt,
unterscheidet sich DMT nur durch die Methylierung vom Tryptamin,
sowie Bufotenin ebenfalls nur durch die doppelte N-Methylierung
vom Neurotransmitter Serotonin. Durch weitere Methylierung wird
das 5-Methoxy-DMT noch lipophiler, damit kann es leichter die
Blut-Hirn-Schranke überwinden, damit wird es zum potenten
Halluzinogen.
Anmerkung: Serotonin selbst wird ebenfalls als Nebenwirkstoff in vielen Tiergiften gefunden. Das getrocknete Hautsekret der Rotbauchunke (Bombina bombina) hat 10% Serotonin!
Herzmittel
aus Kröten als historische Arznei
Im 17. und
18. Jahrhundert
setzten Ärzte in Europa Krötengifte zur Behandlung
von
Herzinsuffizienz ein. Später wurden sie durch die
Digitalis-Glycoside (Fingerhut, Cardenolide) abgelöst. Hier
standen eindeutig die Herzglykoside im Mittelpunkt des Interesses
an den Kröten. Inhaltsstoffe aus Krötensekret finden
sich bei
Arzneimitteln heute nur noch im Museum oder in homöopathischen
Zubereitungen.
Die
rechtliche Situation
DMT oder
5-Methoxy-DMT als
reine oder angereicherte Substanzen sind illegal und laut Anhang
des Betäubungsmittelgesetzes (Anlage 1) nicht
verschreibungsfähig und nicht verkehrsfähig. Besitz
und Handel
sind außer zu genehmigten wissenschaftlichen Zwecken
strafbar.
Bufotenin ist nicht in den Anlagen zum Betäubungsmittelgesetz aufgeführt.
Getrocknete und zubereitete Krötenhäute oder Krötensekrete sind ebenfalls verboten, weil man hier die Herstellung eines Betäubungsmittels unterstellt, oder zumindest der Tatbestand der Herstellung von Zwischenprodukten erfüllt ist.
Der Besitz lebender Kröten hingegen ist nicht verboten, sofern sie nicht zur Gewinnung von Rauschdrogen gedacht sind und sofern kein Verstoß gegen Artenschutzgesetze vorliegt.
Diese Informationen sind keine Anleitung oder Motivierung zum Drogenkonsum, sondern dienen zur Aufklärung und Vorbeugung durch Bereitstellung von Informationen.
Literatur:
Chemie
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Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2005
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